Die Büchse der Pandora wurde geöffnet oder als nichts mehr war wie zuvor
Im Spätsommer letzten Jahres schlug es, wie man so schön sagt, „voll“ zu. Es, das Konjunkturpaket II , viel gutes Geld für längst überfällige Bezirksamtsaltlastenarbeiten und mehr an unserer Kita. Ganze Horden von unterschiedlichsten Handwerkern eroberten piratengleich die Kita, ab sofort fanden wöchentlich Bauleiterbesprechungen statt und in jeder Etage unserer Kita gab es (zwangsläufig) eine Kollegin, der es, neben der eigentlichen Tätigkeit auch oblag, ein wachsames Auge auf das eine und andere Geschehen zu haben. Für unsere Kinder war diese Zeit äußerst spannend. Erstens gab es endlich, wie eigentlich schon lange gefordert, „mehr Männer in der Kita…“, es wurden Maschinen und Geräte verschiedensten Ausmaßes gebracht, genutzt und gelagert. Jeden Tag gab es Veränderungen, sowohl optischer als auch akustischer Natur. Dies schulte unsere Flexibilität im Höchstmaße. Plötzlich konnten wir Fachgespräche führen, angefüllt mit Begriffen, die zu Vorzeiten eher dem Baumarktsegment zuzuordnen waren, aber wir lernten, unablässig. Wir erfuhren zwangsläufig etwas über die Richtwertzeiten von Betonböden und deren zu erwartender Trittfestigkeit , experimentierten mit den unterschiedlichsten Fliesenfarben und konnten in letzter Sekunde verhindern, das eine Badewanne verkehrt herum eingebaut wurde (Kind würde zukünftig auf dem Stöpsel sitzen müssen, wenn es sich im gegenüberliegenden Spiegel betrachten wollte…). Wir verzichteten heldengleich auf den Einsatz von Schwimmwesten und trotzten hartnäckig zwei Rohrbrüchen, gaben gleichermaßen den Mut nicht auf, angesichts der Katastrophenmeldung: “… ja, wenn ich das Rohr so betrachte, dass macht es auch nicht mehr lang`…“ und wunderten uns auch nicht (mehr) über Löcher in Wänden, an denen am Vortage die räumliche Welt noch in Ordnung war. Mit Erstaunen nahmen wir zur Kenntnis, das Farbmuster auf dem Papier durchaus nicht unbedingt kompatibel mit den dereinst avisierten Streichergebnissen waren. Auf ein Neues! Mit kleinem Schrecken kam eine Kollegin davon, die einem Bedürfnis folgend, im schicken neuen WC Opfer einiger (weniger) Fliesen wurde, die ihr (praktischerweise) in den Schoß fielen. Wir lernten auf engstem Raum pädagogische Hochleistungen zu vollbringen, möchten aber niemanden die Idee antragen, unsere Kinderbelegungszahlen deutlich zu erhöhen. Mensch und Materie wurden über Monate bestäubt, auch dies sollte unsere Existenz auf Jahre hinaus nachhaltig sichern. Nun nähert sich der allerletzte Bauabschnitt und ehrlicherweise müssen wir sagen: „Sie werden uns fehlen…“ - aber die Trauerzeit ist begrenzt, denn bereits im Sommer sehen wir uns wieder, wie gute alte Bekannte, die nicht voneinander lassen können, ich sage nur: „Die Decken im Obergeschoß…“
R. Pesch, in Namen aller Kolleginnen